Dr. Bernhard Huber-Stiftung
Liebe Afrikafreunde, „Sind Sie Arzt? Wir haben einen medizinischen Notfall an Bord.“ Mit diesen Worten holt mich eine Flugbegleiterin auf dem Rückflug von Johannesburg nach Frankfurt um drei Uhr nachts aus dem Tiefschlaf. Ich folge ihr in den hinteren Flugzeugteil, wo eine ältere Frau kollabiert war. Ich vermute eine Lungenembolie aufgrund einer Beinvenenthrombose nach langem Sitzen im Flugzeug, lege ihr eine Infusion und begleite sie die restlichen drei Stunden Flugzeit bis Frankfurt, wo die Patientin von einem Notärzteteam in Empfang genommen wurde. Ich erwähne diese Geschichte, weil ich mich über den gut gefüllten Notfallkoffer an Bord wunderte – so viele Medikamente, Ampullen und Tabletten für die unterschiedlichsten Indikationen. Unvermittelt wurde mir bewusst, dass selbst die medizinische Ausstattung in einem handelsüblichen Linienflugzeug besser ist als im größten Krankenhaus Eswatinis. Dort hatten gerade noch letzte Woche die Angestellten gegen den chronischen Medikamentenmangel protestiert. Meine Gedanken gehen zurück zu den kranken Menschen, die ich dort behandelte und hauptsächlich durch mitgebrachte Medikamente therapierte. Eine junge Frau mit ungewöhnlich starken Zwischenblutungen brachte ich in ein privates Krankenhaus zum gynäkologischen Kollegen für Labor- und Ultraschalluntersuchungen. In einem staatlichen Krankenhaus wäre das aus Mangel an allem gescheitert, vom Ultraschallgel über Facharzt bis hin zur Medikation. Die Behandlung in einer Privatklinik kann sich die Bevölkerungsmehrheit schlicht nicht leisten. Ein Highlight meines Aufenthaltes war die Fertigstellung und Schlüsselübergabe des von uns gebauten Hauses für den 110-jährigen(!) Mkhulu Ndwandwe aus Siteki. Er ist tatsächlich so alt, für Afrika sehr ungewöhnlich, und es würde mich nicht wundern, wenn er der älteste Einwohner Eswatinis ist. Vorher hauste er in einer einsturzgefährdeten Hütte aus Stöcken und Lehm. Die Zeitung berichtete über unsere Aktion, und beim Interview erklärte der Mann, dass er immer von so einem sicheren Haus geträumt hatte, sich das aber nie leisten konnte. Umso glücklicher sei er jetzt, dass sein Traum wahr wurde. Ein besonders emotionaler Moment war auch die Begegnung mit dem vierjährigen Sinokuhle, der vor einigen Wochen zusammen mit seinem älteren Bruder wegen schwerer Misshandlung durch nahe Angehörige in ein Krankenhaus gebracht wurde. Im Krankenhaus starb der ältere Bruder. Die Täterin wurde festgenommen. Sinokhules Mutter hatte ihre Söhne aus Finanznot zu Verwandten gebracht und von den Misshandlungen nichts mitbekommen. Nun unterstützten wir sie finanziell, damit Sonokhule wieder bei ihr leben kann. Er fragt ständig nach seinem verstorbenen Bruder – man hat ihm noch nicht gesagt, dass er tot ist. Zum Glück gibt es viele gleichaltrige Kinder in seinem Umfeld, das wird ihm helfen, sein Trauma im „Horror House“ zu verarbeiten. Seine Geschichte war vor einigen Wochen auf der Titelseite der Zeitung tatsächlich mit diesen Worten beschrieben worden. Sehr gefreut haben sich auch die beiden Mütter mit ihren je sieben und zwei Kindern in Siteki, die wir wieder mit Lebensmittel versorgt und dieses Mal auch mit Winterkleidung ausgestattet haben. Was haben wir dieses Mal bei den „Big 7“ erreicht? 1. Bildung Für Kinder bezahlten wir die Kindergartengebühren und besorgten Winterkleidung und Decken. Einem Studenten kauften wir einen Laptop, einer Studentin einen Wasserkocher und einen Zwei-Plattenherd. 2. Landwirtschaft Wir besorgten Setzlinge und einen Nussbaum für drei Familien. 3. Infrastruktur Für eine Gogo haben wir ihren 5.000 l-Wassertank füllen lassen. Einer anderen Familie haben wir die Stromkosten und diverse Materialien bezahlt. Für Sinokuhle und seine Mutter übernahmen wir die Stromrechnung für drei Monate. Für unser Kinderdorf gab es einen neuen Gasherd. 4. Gesundheit Einer Patientin zahlten wir das Arzthonorar und eine Ultraschalluntersuchung. Ansonsten behandelte und therapierte ich wieder viele Patient/Innen ambulant und größtenteils durch mitgebrachte Medikamente. 5. Frauenprojekte Winterkleidung verteilten wir an mehrere Familien. Einer Frau bezahlten wir die Miete, für einige andere besorgten wir Hygieneartikel. 6. Kleinunternehmen Einem jungen Mann bezahlten wir die Gebühren für die Ausbildung zum Automechaniker. 7. Bedürftige Einmal mehr besorgten wir große Mengen an Grundnahrungsmitteln: Reis, Maismehl, Mabele Meal, Bohnen und Sonnenblumenöl für viele arme Familien. Herzlichen Dank euch allen für eure Unterstützung, den Menschen in Eswatini zu helfen. Ihr wisst ja: Es ist zu spät, um nur zu hoffen. Lasst uns weiter handeln. Es gibt noch so viel zu tun! Herzliche Grüße
Zukunft für die Welt
Bericht Mai 2025