Dr. Bernhard Huber-Stiftung
Bericht November 2015
Zukunft für die Welt
Liebe Afrikafreunde, vor wenigen Tagen bin ich wieder mit vielen neuen Eindrücken aus Afrika zurückgekehrt. Doch wirklich angekommen bin ich noch nicht, zu präsent sind noch die bewegenden Bilder in meinem Kopf. Und mein Herz ist wieder voller Geschichten. Die jetzige Reise war anders als sonst: In Swaziland und anderen Teilen des südlichen Afrikas herrscht derzeit die schlimmste Dürre seit 23 Jahren. Die Ursachen sind vielschichtig, die wichtigste ist jedoch globale Klimaerwärmung. Auch bei uns in Deutschland war das Jahr 2015 das wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Verstärkt wird die derzeitige Dürre im südlichen Afrika durch El Nino. Dieses globale Klimaphänomen entsteht etwa alle sieben Jahre im tropischen Pazifik und zeigt, wie stark die Wechselwirkungen auf unserer Erde über weite Entfernungen hinweg sind. Letztlich hängt doch alles mit allem zusammen. Das betrifft auch unsere eigene Lebensweise. Man bräuchte sechs Planeten wie unsere Erde, würden alle Menschen so leben wie wir – mit unserem enormen Verbrauch an Ressourcen. Wir können nur deshalb so leben, weil andere es eben nicht können. Darum ist es wichtig, in Afrika zu helfen und zu versuchen, wenigstens einen Teil unseres Reichtums abzugeben. Swaziland wird auch die Schweiz Afrikas genannt, weil es teils bergig ist und es hier viele Kühe gibt. Aufgrund der aktuellen Dürre sind aber landesweit schon über 20.000 Kühe gestorben, und ein Ende ist nicht abzusehen. Viele Kühe sind verdurstet und diejenigen, die noch Wasser finden, verhungern, weil durch die Dürre kein Gas mehr wächst. Man sieht die toten Tiere am Straßenrand liegen, wo sie verzweifelt versucht hatten, Grasreste am Straßenrand zu fressen. Ich habe selbst gesehen, wie Kühe in ihrer Not sogar Papier essen. „Nach den Kühen sind wir es, die als nächstes sterben“, sagen die Menschen jetzt in Swaziland. Und tatsächlich werden die Lebensmittel knapp, weil es großflächige Ernteausfälle gibt. Die meisten Menschen in Swaziland sind Kleinbauern und dringend auf das Wasser von Flüssen angewiesen, um ihre Felder zu bewässern. Doch dieses Wasser fehlt jetzt. Die großen Farmen müssen ihre Mitarbeiter entlassen, die Lebensmittelpreise steigen, so dass sich arme Familien die Nahrungsmittel nicht mehr leisten können. Hinzu kommt das Fischsterben in den versiegenden Flüssen. Die Kleinbauern können ihre Felder nicht pflügen und aussähen, da es kein Regen gibt. Dennoch sieht man mancherorts Reiche - meist Ausländer – die hierher kommen, um Golf auf gut bewässerten Golfplätzen zu spielen. Und das angesichts einer landesweiten extremen Wasserknappheit. Flüsse wie der Ingwavuma River im Südosten des Landes sind schon völlig ausgetrocknet. In ihrer Not graben die Menschen in den ausgetrockneten Flussläufen nach tieferliegendem Wasser. Auf dem Weg zum Krankenhaus in Hlatikulu fährt man durch das so genannte Grand Valley, wo der Great Ususthu River fließt, der das ganze Land von West nach Ost durchfließt. Sogar dieser große Strom schon ist nahezu ausgetrocknet. Die Wasserversorgung im Land wird immer knapper. In den ländlichen Gebieten, fernab von Flüssen und Wasserleitungen, wird das Wasser von LKWs herangebracht. Doch die Nachfrage ist so groß, dass die Wasserzulieferer nicht mehr nachkommen. Viele der Familien können sich auch die Füllung der Wassertanks nicht mehr leisten, weil das Einkommen aus der Landwirtschaft fehlt – ein Teufelskreis. Ich habe dieses Mal bewusst nicht mit dem Bericht aus unserem Waisenkinderdorf begonnen, einfach weil diese schlimme Situation in Swaziland, die zu einer Katastrophe zu werden droht, so bedrückend ist. In unserem Waisenkinderdorf haben wir zwei Wassertanks mit jeweils 5.000 Liter Wasser. Wie froh bin ich jetzt aber, dass wir vor zwei Jahren einen Brunnen gebohrt haben! Die Fördermenge des Brunnens ist zwar aufgrund des sinkenden Grundwasserspiegels etwas zurückgegangen, aber das Wasser fließt stetig und sichert uns die Grundversorgung. Die unmittelbare Nachbarschaft versorgen wir ebenfalls mit Wasser. Die Kinder und die Mütter im Dorf sind wohlauf. Unsere mitgebrachten Kleider, Schuhe und Spielsachen fanden wie immer dankbare Abnehmer. Jetzt möchte ich berichten, was wir dieses Mal bei den „Big 5“ (Bildung, Landwirtschaft, Infrastruktur, Gesundheit, Frauenprojekte) erreicht haben: 1. Bildung: Ich habe wieder Schulmaterialien besorgt und die Schulen und den Kindergarten besucht. Unsere Kinder Favoured und Bayandza haben ihre Kindergartenzeit hinter sich und gehen ab Februar in die Schule. Bayandza kann nicht in die Regel-Grundschule gehen, da er geistig etwas behindert ist. Ich bin sehr glücklich, dass ich nun eine Förderschule für ihn gefunden habe. Vor allem die gute personelle Ausstattung erlaubt es der Schule, viel besser auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder einzugehen. Diese Schule ist ca. 15 Autominuten von unserem Dorf entfernt, und Bayandza kann mit dem Bus dorthin fahren. Begleitet wird er von seinem Freund Favoured – die beiden sind wirklich dicke Freunde. Favoured kann dort eine normale Grundschule besuchen – eine gute Lösung für alle Beteiligten. Schulgeld bezahlen wir übrigens nicht nur für unsere Waisenkinder, sondern auch für einige andere bedürftige Kinder aus der Region. So unterstützen wir ab sofort zwei weitere Kinder aus der Nachbarschaft. Sie und die Kinder aus unserem Dorf sind sehr motiviert, zu lernen. Im Kurzfilm vom Juni 2015 (siehe Homepage) haben ja viele der Kinder ihre Berufswünsche eindrucksvoll dokumentiert. 2. Landwirtschaft: Wir haben im Dorf eine Plantage mit zwanzig Papayabäumen angelegt. Papayapflanzen wachsen relativ schnell und sind sehr gesund. Sie sind gut für die Verdauung und helfen u. a. gegen Darmwürmer. Der Inhaltsstoff Papain hat enzymatische Eigenschaften. Seine abschwellende Wirkung wird auch in der Sportmedizin genutzt. Außerdem haben wir weitere Bananenstauden gepflanzt. Durch unseren Brunnen in unmittelbarer Nähe ist das Wässern der Bäume und Pflanzen kein Problem. Außerdem wurden Gartengeräte besorgt. Des Weiteren wurden Lebensmittel für arme Menschen besorgt und direkt übergeben. Für unser Waisenkinderdorf wurden wieder Lebensmittel für einen ganzen Monat eingekauft. 3. Infrastruktur: Ich bin froh, dass wir jetzt einen lang gehegten Wunsch unserer Kinder realisieren konnten - einen kleinen Spielplatz. Es wurde ein Spielgerät mit zwei Schaukeln sowie Kletterstangen aufgestellt. Später wird der Platz noch mit Sand aufgeschüttet. Unsere Solaranlage funktioniert einwandfrei, wir haben die Leistung durch den Zukauf einer neuen Batterie noch verstärkt. Ein neues Außenlicht wurde auch installiert, und unsere 2 x 5.000 Liter Tanks wurden mit frischem Wasser aufgefüllt. Eine neue 19,5 kg Gasflasche wurde besorgt. Gas brauchen die Mütter nicht nur zum Kochen, sondern auch zum Bügeln. Das Bügeleisen (es besteht wirklich ganz aus Eisen) wird dafür kurz über dem Gas aufgewärmt. Die Toilettentüren wurden erneuert, da sie durch einen Sturm beschädigt worden waren. In diesem Zuge haben wir die Türrahmen nach innen versetzt, um die Türen mehr vor der Witterung zu schützen. Für eine sehr arme Familie in unserer direkten Nachbarschaft wurde Baumaterial zur Fertigstellung ihres kleinen Häuschens besorgt. 4. Gesundheit: Gesundheitlich geht es den Kindern im Dorf sehr gut, was sicherlich auch auf die gesunde Ernährung mit viel Obst und Gemüse zurückzuführen ist. Bayandza hatte sich den Handrücken mit heißem Wasser verbrannt. Er und andere Patienten wurden behandelt und mit Medikamenten versorgt. Für zwei Patienten wurden Zahnbehandlungen beim Zahnarzt bezahlt. In meinem Brief vom Juni dieses Jahres hatte ich von Nkhosiniphile berichtet, einem jungen Mann aus der Nachbarschaft, der mich um Hilfe gebeten hatte. Aufgrund von Nebenwirkungen einer Tuberkulosetherapie war er nahezu taub und sozial isoliert. Außerdem hatte er deswegen seine Arbeit verloren. Ich schickte ihn im Juni, kurz vor meiner damaligen Abreise zum HNO-Arzt. Dieser bestätigte mir jetzt, dass mit einem Hörgerät geholfen werden kann. Das Hörgerät wurde besorgt, und es war ein bewegender Moment, als Nkhosiniphile nach langer Zeit zum ersten Mal wieder hören konnte. Nun ist es ihm endlich wieder möglich, zu arbeiten und seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. 5. Frauenprojekte: Die Frau, der wir im Juni einen zinslosen Mikrokredit für den Aufbau einer Existenz ermöglichten, hat uns den geliehenen Kredit vollständig zurückbezahlt, und sie ist glücklich, nun ein Auskommen zu haben. Außerdem wurden eine arbeitslose und alleinerziehende Mutter mit ihrem Baby unterstützt. Nicht zuletzt die aktuelle Flüchtlingswelle zeigt uns, wie wichtig es ist, den Menschen in ihren Heimatländern zu helfen und ihnen dort ein lebenswertes Leben zu ermöglichen. Heute sind es Kriegsflüchtlinge aus Syrien, morgen werden es die Hungerflüchtlinge aus Afrika sein, die nach einem sicheren Leben suchen und hierfür ihre Heimatländer verlassen müssen. Die Zukunft ist nicht unabwendbar. Wir können sie gestalten. Wenn wir eine bessere Welt wollen, müssen wir selbst etwas dazu beitragen. Danke für Eure treue Hilfe! In wenigen Monaten werde ich wieder in Swaziland sein. Herzliche Grüße
Versorgung von Bayandzas Brandwunde Bayandza Wiedersehen mit Bayandza Headmaster Winfried (St. Josephs) Besuch im Kindergarten Papaya-Pflanzen Die Papaya trägt schon Früchte Unsere Mutter Maggie beim Essen schöpfen Der neue Spielplatz Die neue Schaukel Khabiso Man sieht in den Kindergesichtern, dass sie schon vieles erlebt haben Auswirkungen der Dürre Freude über die mitgebrachten Spielsachen Die Kleider werden verteilt In ihrer Verzweiflung fressen die Kühe Papier Kinder unterwegs Dass Gogo ihre Hand an mein Kinn hielt, bemerkte ich erst später Wiedersehensfreude Sinethemba, unsere Jüngste Zwei dicke Freunde Unsere Mutter Judith mit Precious Wiedersehen mit Precious - Sie ist ordentlich gewachsen! Hörgerät für Nkhosiniphile Vor unserem Brunnen Auf Wiedersehen - bis bald! Unterwegs Kinder unterwegs Alte Menschen - eine Seltenheit in Swaziland Alter Mann auf der Straße